Die digitale Transformation spielt in immer mehr Arbeitsbereichen und damit für immer mehr Unternehmen eine große Rolle, natürlich auch in der Finanzwelt. Doch selbst vielen Interessierten ist noch nicht klar, was der Begriff der digitalen Transformation wirklich bedeutet. Diese geht nämlich weiter als die reine Digitalisierung. Sie bedeutet ein komplettes Umdenken der Art, wie wir zusammenarbeiten, zusammenleben und miteinander umgehen.
Sebastian Becker, Gründer der Beratungsfirma für digitale Transformation Tabularaza bei der Unternehmensgruppe zeb ist bestens mit der Bankenwelt vertraut. Er gab auf dem Innofestival der SKP am 13. September einen Workshop zur digitalen Transformation in der Welt der Banken und zeigte die enorme Reichweite des Themas auf.
Im Kern gehe es bei der digitalen Transformation darum, alte Denkmuster zu überwinden. Laut Becker gibt es in der Ära der Digitalisierung und des Internets nur drei Grundregeln, die es zu befolgen gilt. Erstens hat heute jeder universellen Zugriff auf Wissen und Informationen. Zweitens schreitet die Entwicklung der Technik so schnell voran, dass Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit zum größten Überlebensfaktor geworden sind. Und drittens bedeutet Innovation so gut wie immer die Kombination bestehender Möglichkeiten. Diese Grundsätze der digitalen Transformation machen Geschwindigkeit, innovative Lösungen und eine permanente Evaluation der Unternehmenskultur notwendig.
Customer Experience is King
Die großen und bekannten Tech-Firmen haben diese Regeln schon verstanden. Deren Blick sei laut Becker im Gegensatz zum konventionellen linearen Denken ein exponentieller. Projekte müssten mit mehr Risiko verbunden sein, das damit auch einen größeren Gewinn verspricht. Als Beispiel führt Becker das Raumfahrtunternehmen SpaceX an, dessen Gründer Elon Musk dem Erfolg seines großen Raketenstarts eine 50 prozentige Chance einräumte. Für das Gelingen der Mission wurde SpaceX wochenlang in den Medien gefeiert. Natürlich können und sollen Banken keine zu großen Risiken eingehen. Aber sich auf unkonventionelle Lösungen einzulassen und neue Wege zu beschreiten, muss heute möglich sein.
Im Zentrum steht die Kundenbindung und die Kundenerfahrung, die sogenannte Customer Experience. Diese sei der wichtigste Faktor, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Und dafür muss die Transformation zwar natürlich digital umgesetzt werden, aber auch der nächste Schritt, das komplette Umdenken, sollte angegangen werden. Am Beispiel bekannter Tech-Stores zeigte Becker, wie sich Umsätze steigern ließen, indem auf geräumige und gemütliche Inneneinrichtung gesetzt wird – etwas, woran sich viele Banken ein Beispiel nehmen könnten. Auch ließe sich Attraktivität verbessern, indem längere Öffnungszeiten eingeführt werden und ein ansprechendes Programm mit Kulturveranstaltungen und Workshops geboten wird – und das nicht nur für die Kundschaft, sondern für alle interessierten Menschen. Warum sollten Banken keine Yoga-Kurse anbieten, wenn das dazu führt, dass die Leute sich dort wohlfühlen und ins Gespräch miteinander und mit dem Unternehmen kommen können? Auch solche “analogen” Maßnahmen gehören für Becker zur digitalen Transformation. Um direkter, nahbarer und attraktiver zu wirken reiche es nicht, nur kosmetische Maßnahmen durchzuführen. Es müsse sich ein ganzheitliches Verständnis für die Thematik entwickeln.